
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren!
Es ist ein Novum der diesjährigen kommunalen Haushaltsreden: Die amtierende Landesregierung hat sich einstimmig vorzeitig aufgelöst!
Das mögen die einen bedauern, die anderen beglückwünschen. Fakt aber ist, dass zur Zeit in Nordrhein-Westfalen Stillstand eingetreten ist, eine Menge finanzieller Verpflichtungen und Versprechungen können nun vorläufig nicht erfüllt werden. Auch unsere Kommune ist betroffen u.a. was die Finanzierung der U3-Betreuung betrifft.
Das Wehklagen der vergangenen Jahre über unzureichende finanzielle Entlastungen durch Bund oder Land hat uns wenig in unserer eigenen städtischen Situation gebracht.
Der Weltwirtschaftskrise mit ihren negativen Auswirkungen haben wir
trotzen können, geschickte Politik hat uns den Gang in ein Haushalts-sicherungskonzept erspart. Viele Investitionen wurden dabei allerdings aufgeschoben, die wir nun mit Augenmaß schultern
müssen. Die Konjunktur hat längst wieder angezogen, die Einnahmen steigen, allerdings auch die Ausgaben, so dass wir nach wie vor keinen ausgeglichenen Haushalt aufweisen werden.
Mir liegt es fern, mit zahlenmäßigen Vergleichen aufzuwarten, die kennen Sie, meine Damen und Herren, zu Genüge. Wichtig ist letztendlich das Ziel: Wir als CDU setzen alles daran, einen durch den Kreis genehmigten Haushalt zu erreichen, der uns den politischen Spielraum lässt, weiterhin aktiv für unsere Stadt tätig zu sein.
So wenig neue Schulden wie möglich, aber so viele neue Maßnahmen wie nötig sollte unsere Devise sein!
Fangen wir bei der unendlichen Geschichte des Kombibaus an! Seit mehr als zehn Jahren schieben wir die Realisierung vor uns her, seit dem 12.9.2007 haben wir Beschlussfakten mit Mehrheit geschaffen, die durch Oppositionspolitik und Bürgereinspruch bis vor wenigen Wochen konterkariert wurden. Endlich ist der Durchbruch erreicht und wir können davon ausgehen, dass nun wirklich in diesem Jahr der Grundstein gelegt wird. Gedankt sei an dieser Stelle den Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr Vluyn und der Belegschaft des Baubetriebshofes, deren Geduld in der Vergangenheit mehr als strapaziert wurde.
Die Minimierung der Gesamtkosten ist unser maßgebliches Ziel. Daran werden sich auch die noch zu treffenden Beschlüsse über Fassaden- und Dachgestaltung sowie Beheizung halten. Wir sind zu jeder Sondersitzung des Bau-, Grünflächen- und Umweltausschusses bereit, wir fordern sie sogar, wenn sie dazu dient, die Umsetzung des Projektes zu beschleunigen.
Ein nicht minder großes Projekt steht uns die nächsten Jahre bevor, nämlich der Aus- und Umbau unseres städtischen Gymnasiums. Die Gesamtkosten von ca. 16 Millionen € haben uns gewaltig überrascht, sie werden sicherlich noch nicht das letzte Wort sein, da die Gesamtmaßnahme sich über mindestens fünf Jahre erstreckt. Einmütig ist die Auffassung aller in diesem Ratssaal versammelten Entscheidungsträger, mit dem Neubau des naturwissenschaftlichen Traktes zu beginnen. Die in diesem Jahr eingeleitete Planungsphase wird aber vermutlich den ersten Spatenstich erst in 2013 erfolgen lassen. Unabhängig davon wird allerdings die gesamte Schullandschaft der nächsten Jahre kritisch zu betrachten sein.
Unsere Stadt verliert nach den Prognosen des Schulentwicklungsplans zwischen dem kommenden Schuljahr 2012/13 und dem Schuljahr 2016/17 in den Grundschulen ca. 106 Kinder, in der Sekundarstufe I der weiterführenden Schulen 370 Schulpflichtige und in der Sekundarstufe II immerhin noch 105. Unter dem Strich bedeutet dies auch eine wesentlich geringere Zahl an Klassenräumen.
Inwieweit übergreifende Nutzungen auch in Gebäudeteile der jetzigen Haupt- und Realschule zu kostengünstigeren Alternativen beim stufenweisen Umbau des Gymnasiums zu berücksichtigen sind, wird ein Thema des „Runden Tisches Bildung“ sein, genauso wie die Frage der zukünftigen Ausrichtung der Schullandschaft im Sekundarbereich. Die Verwaltung, die Schulleitungen der weiterführenden Schulen und auch die Politik in ihrer Mehrheit sehen, so das Ergebnis des in der vergangenen Woche tagenden Runden Tisches, keinen aktuellen Handlungsbedarf für das kommende Schuljahr. Die diesjährigen Anmeldezahlen sind noch kein Alarmzeichen, zumal die Haarbeckschule zweizügig an den Start gehen wird. Die Beschäftigung mit der zukünftigen Ausrichtung ist aber zwingend, um bei Bedarf, der möglicherweise schon im Schuljahr 2013/14 liegt, ein aktuelles Konzept in der Schublade zu haben. Wir werden die Alternativen für den Ersatz der Haupt- und Realschule, nämlich Sekundarschule oder Gesamtschule, intensiv diskutieren. Unantastbar bleibt für uns als CDU in jedem Fall das Gymnasium!
Unser Ziel ist ein von großer Mehrheit getragenes Ergebnis im Hinblick auf Zeitpunkt und Ausrichtung zu erreichen, um für die Kinder unserer Bürgerinnen und Bürger in Neukirchen-Vluyn weiterhin eine attraktive Schullandschaft anzubieten. Lehrerschaft und Eltern sind dabei einzubinden, einen Bildungsstreit in unserer Stadt - vor allem beim nächsten Kommunalwahlkampf - gilt es zu verhindern.
Auch mit dem Thema Inklusion müssen wir uns beschäftigen. Zukünftige Planungen werden behindertengerechte Zugänge und Ausstattungen an unseren Schulgebäuden erfordern. Vorschnellen Aktionismus, meine Damen und Herren von der SPD, lehnen wir aber ab, zumal weder aktuelle Erfordernisse noch entsprechende Finanzen dafür sprechen. Hoffnung hegen wir auch in einer finanziellen Beteiligung einer neuen Landesregierung bzw. vom Bund. Konnexität heißt immerhin „Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen!“
Die durch die Schließung des Diesterweg-Lehrschwimmbeckens entstandenen heftigen Wogen konnten weitestgehend geglättet werden. Den betroffenen Vereinen wurde im letzten Jahr aufgrund der kurzfristig getroffenen Maßnahme finanziell geholfen. Mittlerweile hat man sich mit den gegebenen Möglichkeiten im Freizeitbad arrangiert. Mit dazu beigetragen hat der „Runde Tisch Schwimmen“, der auch weiterhin Optimierungsmöglichkeiten ausloten wird. Dem Neubau eines Lehrschwimmbeckens werden wir uns weiterhin widersetzen. Die Notwendigkeit dazu ist aufgrund der gutachterlich nachgewiesenen mehr als ausreichend vorhandenen Wasserflächen im Freizeitbad absolut nicht gegeben. Wir können uns keine Nettigkeit für 1,5 Millionen € leisten, Herr Gottke!
Die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit wird unserer Ansicht nach keinen Cent besser. Das Bad wird immer ein Zuschussbetrieb bleiben, das wissen auch Sie, aber selbst eine Minimierung ist dadurch kaum zu erreichen. Wir würden uns nur zusätzliche Kosten im freiwilligen Bereich aufbürden. Natürlich hätten wir uns auch ein besseres wirtschaftliches Ergebnis gerade im Hinblick auf die Energiekosten nach der aufwendigen Sanierung des Freizeitbades aus den Mitteln des Konjunkturprogramms II der Bundesregierung gewünscht.
Der Einsatz der konjunkturfördernden Mittel war aber ohne Zweifel sinnvoll. Stellen Sie sich vor, meine Damen und Herren, vor welcher Entscheidung wir möglicherweise ohne diese Fördermittel heute gestanden hätten, nämlich vor der Schließung des Bades. Grundsätzlich haben wir uns in naher Zukunft nach den angekündigten Vorschlägen des Badbetreibers ENNI zu entscheiden, in welche Richtung wir unser Freizeitbad gehen lassen. Dabei sind auch die Auswirkungen der Eröffnung des neuen Bades in Kamp-Lintfort zu beachten.
Die Existenzfrage der Sauna darf nicht ausgeschlossen werden, zumal wir als CDU keine weiteren künftigen Investitionen mittragen werden! Das Bad gehört ebenso zu den freiwilligen Leistungen einer Kommune, wie viele andere Aufwendungen, die unsere Bürgerinnen und Bürger leider oft erst dann wahrnehmen, wenn sie gekürzt oder gestrichen werden. Unterschiedliche Interessen führen zu unterschiedlichen Prioritäten in der Betrachtung. Wir als CDU wollen nach wie vor versuchen, die freiwilligen Leistungen in ihrem Umfang zu erhalten, da sie mit dazu beitragen, eine Stadt lebens- und liebenswert zu machen. Ich spreche dabei über einen finanziellen Umfang von zur Zeit ca. 2,3 Millionen €. Als wir vor zwei Jahren in der freiwilligen Haushaltskonsolidierung bei der Zuschussliste der Vereine und Verbände eine Kürzung von 5% beschlossen, wurde das allgemein mit Verständnis bei den Betroffenen aufgenommen. Diese Kürzung jetzt wieder aufzuheben, in einer Situation, in der es uns wirtschaftlich nicht viel besser geht, hat bei uns, sehr geehrte Damen und Herren der SPD, schon zu Unverständnis geführt. Spätestens im nächsten Jahr wäre die Rücknahme wieder Thema gewesen. Man sollte Politik schon mit Weitsicht betreiben!
Überhaupt haben uns die Anzahl der SPD-Anträge und die damit verbundenen haushaltswirksamen Auswirkungen verwundert. Sie wissen doch genau, auch wenn wir jetzt die 5%-Hürde reißen, würde durch die entstehenden Folgekosten Ihrer Forderungen das Ziel für den Haushalt 2013 – nämlich wieder unterhalb der 5%-Marke zu bleiben - erheblich erschwert. Sollte ich soweit gehen und von unseriöser durchschaubarer Taktik sprechen? Wie ist das eigentlich mit Ihrer Aussage in der örtlichen Presse zu vereinbaren, Herr Zeller? Ich zitiere: „Auf die abschließenden Beschlüsse im Rat werden die Sozialdemokraten gerade vor dem Hintergrund eines öffentlichen Appells des Beigeordneten und Kämmerers Jörg Geulmann für mehr Finanzdisziplin mit Spannung achten“.
Unsere Diskussionsstrategie den Anträgen Ihrer Fraktion gegenüber ist nicht „scheinheilig“, Herr Zeller, sie ist nachvollziehbar!
Wir als CDU wollen – wie bereits am Anfang meiner Rede deutlich gemacht - so wenig neue Schulden wie möglich, aber so viele neue Maßnahmen wie nötig. Dazu stehen wir, so handeln wir!
Wir begrüßen es, dass unser Kooperationspartner Bündnis90/Die Grünen eine ebenso vernünftige und nachhaltige Politik betreibt. Einig sind wir uns nicht immer, aber die gemeinsame
Richtung stimmt. Und diese Richtung stimmt schon seit mehr als zehn (!) Jahren, in denen wir verlässliche Politik für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt betrieben haben!
Die Besetzung der Beigeordnetenstelle im vergangenen Jahr war alles andere als ein Ruhmesblatt für die Kreisaufsicht. Unrichtige Auskünfte führten zu einem Ergebnis, das letztlich nicht haltbar war.Wir haben es als sehr positiv empfunden, dass vor allem unsere sozial-demokratischen Mitstreiter gemeinsam und sehr sachlich mit uns einen Ausweg aus der zunächst völlig verfahrenen Situation gesucht haben. Das ist nicht selbstverständlich und anerkennenswert!
Sie, Herr Wallenstein von NV-Auf geht’s, haben sich dagegen auf das Schändlichste politisch disqualifiziert. Ihre Verhöhnung der Bewerberin und ihre dreisten Unterstellungen in einem an Frau Lingrün persönlich gerichteten Brief, den Sie aber der Wirkung halber öffentlich machten, waren menschenverachtend. Das ist Ihre Politik, als Wolf im Schafspelz den Mitmenschen den Wohltäter vorzugaukeln, in Wirklichkeit aber knallharte Demagogie zu betreiben. Ihre gedruckten Pamphlete kennen nur Angriffe übelster Art auf andere. Nicht verwunderlich, dass Mitstreiter Ihren miesen Politikstil zum Anlass nahmen, Ihrer Gruppierung den Rücken zu kehren. Bisher haben Sie wenig nennenswerte und glaubwürdige Ideen einer nachhaltigen Daseinspolitik aufgezeigt. Für uns als CDU sind Sie kein ernstzunehmender Gesprächspartner!
Doch kommen wir zu erfreulichen Dingen! Hatte ich in der vorjährigen Haushaltsrede den ersten Spatenstich auf dem ehemaligen Niederberg-gelände angedeutet, so können wir zum jetzigen Stand stolz auf die Ergebnisse der Bautätigkeit blicken. Hier vollzieht sich ein für die Bevölkerung erkennbarer Wandel unserer Stadt. Wünschenswert wäre auch ein ebenso schneller Fortschritt im südlichen Bereich im Hinblick auf anzusiedelndes Gewerbe. Dieses würde wiederum unsere Steuerkraft stärken. Einnahmen verspricht auch der Verkauf des Diesterweg-Areals. Nach anfänglichem Tempo in den Verhandlungen liegt ein unterschriftsreifer Kaufvertrag vor, der aber noch nicht unterzeichnet ist. Es fehlen noch einige wirtschaftliche Voraussetzungen, auf die die Stadt keinen direkten Einfluss hat. Hoffen wir, dass bis Ende des nächsten Monats dieses Gelände mit den aufstehenden Gebäuden den Besitzer wechselt.
Die Schulen und Sportvereine freuen sich auf die Inbetriebnahme des ersten großen Bauabschnitts der neuen Schulsportanlage. Hier ist aus einem in die Jahre gekommenen Aschenplatz inklusive Laufbahn ein attraktives Mehrzweckgelände geschaffen worden. Der zweite Abschnitt ist mit ca. 430.000 € im Haushalt eingeplant und wird mit der heutigen Verabschiedung auf den Weg gebracht. Die Hallenkapazitäten wurden durch den Wegfall der Hallen an der ehemaligen Mentorstraße und der Diesterwegschule reduziert. Folgerichtig muss für Ersatz gesorgt werden.
Eine Untersuchung mit Berücksichtigung des demographischen Wandels soll Klarheit über Größe und Zweckmäßigkeit eines Neubaus schaffen. Wir als CDU stehen hinter der Forderung der Schulen und Vereine nach einer neuen Halle. Gerade die Sportvereine haben in dieser schwierigen Situation des Mangels an Hallenstunden sich fair nicht nur untereinander, sondern auch der Stadt gegenüber gezeigt. Das halte ich für anerkennenswert!
Nicht zuletzt durch die Reaktorkatastrophe in Japan hat die Bundespolitik beschlossen, aus der Atomenergie auszusteigen. Diese Konsequenz fordert unserer Meinung nach auch kommunalpolitische Entscheidungen. Künftige Energiepolitik wird langfristig zu Konzepten führen müssen, bei der regionale und kommunale Gesichtspunkte eine größere Rolle spielen werden. Wir müssen unsere Bürger rechtzeitig und umfassend über Veränderungen in ihrem Umfeld informieren. Nur so erhalten wir die notwendige Akzeptanz, um die Energiewende zu realisieren. Wir werden die Verwaltung bitten, unsere energiepolitischen Grund-sätze bei der Aufstellung des Klimaschutzkonzeptes für unsere Stadt mit einzubringen.Vor allem in der Zusammenarbeit mit ENNI sehen wir die Möglichkeit, die Energiewende auch vor Ort zu meistern.
Lassen Sie mich zum Schluss noch auf die finanzielle Situation der nächsten Jahre blicken. Ich sehe hier immense Ausgaben auf uns zukommen, denken Sie an die Ausgaben für das Schulzentrum, an den Bau einer neuen Sporthalle, an den dritten Bauabschnitt der Schulsportanlage, an den Umbau des Feuerwehrgerätehauses Neukirchen, an diverse Brandschutzmaßnahmen, z.B. in der Kulturhalle.
Aber wir sollten uns nicht entmutigen lassen. Konsequent werden wir uns für den Erhalt und die Neuansiedlung von Gewerbe in unserer Stadt einsetzen. Niederberg-Süd bietet hierfür hervorragende Voraussetzungen. Einnahmesteigerung ist die eine Seite, konsequentes Sparen die andere. Der nun zu verabschiedende Haushalt 2012 kann nicht mehr auf die Ausgleichsrücklage zugreifen, sie ist aufgezehrt. Der Fehlbetrag ist aus der allgemeinen Rücklage zu decken. Die 5%-Marke wird erst- und hoffentlich einmalig überschritten, ein Haushaltssicherungskonzept ist nicht erforderlich. Unsere Stadt bleibt handlungsfähig!
Herrn Bürgermeister Lenßen, Herrn Tillmans und seinem Team sowie allen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung sagen wir als CDU Danke für die geleistete Arbeit, aber auch dem neuen Beigeordneten Herrn Geulmann, der sich in kurzer Zeit bestens in den Haushalt eingearbeitet hat. Mit dieser Mannschaft werden wir auch die Zukunft bestehen!
Dem Haushalt 2012 wird die CDU heute ihre
volle Zustimmung geben.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Klaus Franzen
Fraktionsvorsitzender